Im Jugendbuch Seidenhaar von Aygen-Sibel Çelik geht es um Sinem, ein türkisches, fünfzehnjähriges Mädchen, das die islamische Religion und Tradition zunächst nur aus unnützen Zwängen bestehend empfindet und offen ablehnt. Im Laufe der Erzählung findet, aufgrund verschiedener Ereignisse, aber eine Annäherung an die Religion und Kultur des Islams statt.
Im ersten Kapitel des Buches wird der Besuch von Belgin, Sinems zwanzigjähriger Cousine
erzählt, die einen dunklen Schleier trägt und ganz selbstverständlich ihre Gebete und das
Waschritual ausübt. Sinem begegnet diesen Verhaltensweisen - und somit auch ihrer
Cousine gegenüber - mit Ablehnung und versucht, Belgin zu provozieren. Sie malt sich in
Gedanken aus, dass Belgin in Fanatiker-Kreisen verkehrt, die alle Ungläubigen bekehren
wollen und eine so genannte „Fundi“ ist.
Der spannungsbildende Konflikt der Erzählung beginnt im zweiten Kapitel mit einer
Nacherzählung einer Unterrichtssequenz, in der die Lehrerin für Gesellschaftskunde aus
aktuellem Anlass eine Diskussion zum Kopftuchverbot anregt. Sinem äußert sich sehr
vehement gegen das Tragen des Kopftuchs, vor allem ihrer ehemaligen besten Freundin und
Kopftuchträgerin Canan gegenüber. Canan ist durch die Äußerungen, dass Frauen und
Mädchen, die Kopftuch tragen, nur unterdrückte, sich Gott und den Männern unterwerfende
Menschen ohne eigenen Willen sind, verletzt. Dies erfährt der Leser einige Seiten weiter.
Kurze Zeit später verschwindet Canan spurlos – und Sinem macht sich ein wenig
mitverantwortlich für dieses Verschwinden. Sie macht sich auf die Suche nach Canan,
primär, um ihr eigenes Gewissen zu beruhigen, aber auch, weil sie einfach wissen will, was
mit Canan los ist. Auf dieser Suche gelangt sie in Canans Familie, in die Moschee und sogar
in den Korankurs, den sie mehrmals besucht. Gleichzeitig entfremden sich Sinem und ihre
beste Freundin Meli. Meli ist eifersüchtig und kann Sinem, die sich in ihren Augen verändert
hat, nicht verstehen.
Im Korankurs lernt Sinem die Koranlehrerin Halime kennen, die ihren Glauben mit Freude
und ohne Vorurteile und innere und äußere Zwänge lebt. Diese Einstellung überrascht und
fasziniert Sinem.
Parallel zu dieser Handlung erfährt der Leser immer wieder Canans Gedanken, die, was sich
für den Leser erst spät herausstellt, bei Halime `untergekommen` ist.
Es kommt so weit, dass Sinem ausprobiert, einige Tage ein Kopftuch zu tragen. Sie stellt
jedoch fest, dass sie sich persönlich damit nicht wohlfühlt. Von allen Außenstehenden, Meli,
Sinems Klassenkameraden und ihrer Familie wird dieses Ausprobieren nicht verstanden.
Schließlich spricht Halime mit Canans Eltern, sie möchte, dass Canan sich bei ihnen meldet.
Canan entschließt sich daraufhin, wieder zu ihrer Familie zurückzukehren. Gleichzeitig
antwortet sie nach anfänglichem Zögern auch auf die SMS, die Sinem ihr - aufgrund einer
Idee der Lehrerin Halime - geschrieben hat, weil sie mit ihr reden möchte.
In der Wohnung von Halime kommt es dann zu einer Begegnung der Jugendlichen: Canan
und Sinem sprechen miteinander und es findet eine Annäherung zwischen den beiden statt.
Auch Sinem und Meli finden wieder zueinander.
Im letzen Kapitel des Romans, zwei Jahre später, fliegt Sinem alleine nach London, um
einen Englischkurs zu besuchen. In dieser Zeit wird sie bei ihrer Cousine Belgin wohnen. Die
Erzählung endet mit Sinems Gedanken: Sie fragt sich, ob auch Belgin sich verändert hat und
ist sich sicher, dass diese sie nicht mehr aufregen kann, wie noch vor zwei Jahren!
Die Autorin des Romans Aygen-Sibel Çelik ist 1969 in Istanbul geboren und lebt seit ihrem zweiten Lebensjahr im Raum Frankfurt am Main. Sie hat mehrere Jahre in der Türkei gelebt, Kinder- und Jugendbuchforschung in Frankfurt studiert und ist als Redakteurin tätig gewesen. Çelik verfasste außerdem zahlreiche Artikel und Rezensionen über die Darstellung des Fremden in der Kinder- und Jugendliteratur. Heute schreibt sie Kinder- und Jugendbücher und gibt Kurse in Kreativem Schreiben.